Lotti und Gretel

Die Fotoserie »Lotti und Gretel« zeigt einen Stereobetrachter aus den 1950er Jahren mit fotografischen Aktaufnahmen verschiedener Frauen. Mit Hilfe eines sogenannten Stereo- betrachters können Stereofotografien räumlich wahr- genommen werden. Dieser Effekt entsteht durch eine analoge Kamera mit zwei Objektiven, welche einen leichten perspekti- vischen Unterschied aufweisen. Zeitlich sind die abgebil- deten Stereoaufnahmen des Amateur-fotografen Walter Egger zwischen 1942 und 1978 einzuordnen.

Der Fotograf schreibt sich nicht nur durch seinen fest- gehaltenen männlichen Blick in die bewusste Inszenierung der weiblichen Modelle ein, sondern auch durch seine hand- schriftlichen Notizen auf den Diarahmen. Zwar ist über die abgebildeten Frauen außer ihren Namen nichts überliefert, jedoch werden sie durch den künstlerischen Aneignungs- prozess aus dem privaten Kontext genommen und durch die bewusst reduzierte und technische Darstellung des Stereobetrachters in einen öffentlichen und gegenwärtigen Diskurs gerückt. Der ursprünglichen Sinnlichkeit der Stereo- aufnahmen steht die obligate Verwendung des technischen Apparates gegenüber. Die Frage nach dem Verhältnis von fiktiver Nähe und Distanz wird so verdichtet.